Allgäuer Alpen

Man kann nicht alles planen… – Allgäuer Alpen

Auch ich war über das verlängerte Wochenende etwas unterwegs. Zusammen mit meinem Kumpel Tommy wollten wir nach der letztjährigen Kilimanjaro-Besteigung wieder einmal eine kleine Bergtour unternehmen. Wir entschieden uns für eine zweitägige Tour durch die Allgäuer Alpen.

So war der Plan…

Wir waren an diesem Wochenende zum ersten Mal in den Allgäuer Alpen unterwegs und waren sofort begeistern. Unser Tour sollte am ersten Tag von Oberstdorf (813 m) hinauf zur Kemptner Hütte (1846 m) gehen, wo wir übernachten wollten. Das Ziel am zweiten Tag war der Große Krottenkopf auf 2656 Meter Höhe.

Voller Tatendrang nahmen wir den frühestmöglichen Zug von München nach Oberstdorf um 5:53 Uhr. Natürlich waren wir zu dieser frühen Stunde an einem Sonntag hauptsächlich von erschöpften Partygängern umgeben, von denen sich zwei junge Frauen in unser Abteil gesellten. Sie erzählten uns etwa eine halbe Stunde lustige Anekdoten über ihre Feiererlebnisse, bis sie ein uns wieder verließen, um umzusteigen.

Was für eine Landschaft!

Um 8:19 erreichten wir pünktlich unseren Zielbahnhof, wo wir uns zunächst um ein kleines Frühstück-to-Go bemühten. Im strahlenden Sonnenschein mussten wir nun nur noch den Einstieg in unsere Route finden. Ich hatte zuvor für beide Tage eine Route aus dem Internet gespeichert, die allerdings über wenige Details für Zugreisende verfügte. Nur kurzem Abgleich mit Google Maps fanden wir den kurzen Weg durch die malerische Innenstadt von Oberstdorf zum Wanderweg entlang des Flusses Trettach. Von dort sollte ein etwa eineinhalbstündiger 11 km langer “Spaziergang” in der fast ebenen Fläche bis zum kleinen Ort Spielmannsau folgen. Dieser zog sich auf dem Hinweg noch nicht allzu lang, da man stets auf die wunderschöne Berglandschaft blickte. Im Gegensatz zu der Landschaft rund um Garmisch, erscheinen die Berge bei Oberstdorf deutlich grüner. Sie sind weniger mit Bäumen als mit Gras und Moos bewachsen.

Allgäuer Alpen
Die Allgäuer Alpen – Foto: Maximilian Graf

Unsere Route war Teil der E5-Route zur Alpenüberquerung, weshalb sie auch von vielen geführten Bergtouren begangen wird. Bis Spielmannsau waren die häufigsten Begegnungen noch mit Fahrradfahrern. Wie sich kurz nach Spielmannsau herausstellte, ließen sich viele andere entweder mit dem Bus oder einem privaten Shuttle bis an die Waldgrenze chauffieren. Da wir noch relativ früh dran waren, lagen wir vor den meisten größeren Gruppen.

Endlich wird es bergig…

Von nun an war der Weg nicht mehr anders als zu Fuß passierbar. Es ging hinein in einen schmalen schattigen Waldweg, der deutlich steiler wurde weiterhin parallel zur Trettach verlief. Durch die Regenfälle aus den letzten Wochen war der Untergrund noch sehr nass und dadurch teilweise sehr rutschig. Am Ende des Waldes überquerten wir den Fluss und es wurde felsig. Der schmale Kiesweg führte nun direkt neben der Trettach entlang und nahm nur in der Höhe immer größeren Abstand zum Wasser – Man sollte also schon hier kein zu großes Problem mit Höhe haben. Hin und wieder gab es Stahlseile zum Festhalten, weil Wasserfälle direkt über den Weg flossen und die Steine sehr rutschig machten.

Schwindelfrei
Etwas schwindelfrei solltest Du sein – Foto: Maximilian Graf

Etwa drei Stunden später hatten wir das erste große Etappenziel erreicht und genossen ein Skiwasser auf der Terrasse der Kemptner Hütte. Da wir eine Stunde zu früh zum Einchecken waren – erst  möglich ab 14:00 Uhr – schmiedeten wir schonmal Nachmittagspläne. Wir entschieden uns direkt nachdem Bezug des Zimmers noch eine etwa dreistündige Tour auf den Muttlerkopf (2368 m) zu machen.

Kemptner Hütte
Die Kemptner Hütte – Foto: Maximilian Graf

Ein kleiner Gipfel am Nachmittag

Die ausgiebige Pause kam, zumindest für mich, genau zum richtigen Zeitpunkt. Schon für die steilere Hälfte der Vormittagstour ist ein gewisses Maß an Kondition von Nöten, welches bei mir etwas ausgeprägter sein könnte. Die kleine Gipfelbesteigung am Nachmittag wollte ich mir aber dennoch nicht nehmen lassen. Nachdem wir unseren Rucksack um einige unwichtige Gegenstände erleichtert hatten machten wir uns auf den Weg.

Traumhafte Landschaft
Die traumhafte Landschaft auf dem Weg zum Muttlerkopf – Foto: Maximilian Graf

Die Tour zum Muttlerkopf sollte hoch etwa 1 Std. 20 Min. dauern, zurück etwa eine Stunde. Der erste Teil des Weges ist dabei identisch mit dem zum Krottenkopf und verläuft zunächst mäßig hügelig über schmale Trampelpfade durch die Bergwiesen. Kurz nach der Passierung der Österreichischen Grenze verzweigt sich dann der Weg – einer führt weiter zum Muttlerkopf, der andere Richtung Krottenkopf. Von hier an wird es wieder deutlich steiler. Durch felsiges Terrain liegen noch etwa 45 Minuten teils leichte Kletterei vor einem, bis man das Gipfelkreuz auf 2366 m Höhe erreicht. Hier genehmigten wir uns eine ausgiebige Pause mit Snacks und Apfelschorle und genossen die Aussicht. Der Anblick des Großen Krottenkopfes macht von hier aus schon einen besonderen Eindruck – von der Hütte ist wird die Sicht auf ihn verdeckt.

Die erste Nacht auf einer Berghütte

Zurück in der Hütte war der frühe Abend angebrochen. Viele Gruppen und einzelne Wanderer hatten ebenfalls ihre Betten bezogen und einige lagen bereits unter der Decke. Die Kemptner Hütte bietet in unterschiedlichen Kategorien Platz für 290 Bergsteiger. Wir entschieden uns für die mittlerere Kategorie: ein Matratzenlager. Hier teilten wir uns einen Raum mit schätzungsweise 30 weiteren Leuten. Für jeden werden hier etwa 200 x 60 cm eingeplant. Um den Raum so effizient wie möglich zu nutzen, sind die Plätze in zwei Hochbettetagen an beiden längeren Wänden mit durchgängiger Matratze angeordnet. Man braucht also keine großen Mathekenntnisse, um die Wahrscheinlichkeit abzuschätzen, wie oft man durch Schnarchen oder sonstige Unruhen aufgeweckt wird.

Wie es der Zufall so will, habe ich dann dort im Zimmer sogar einen ehemaligen Arbeitskollegen von BMW getroffen. Er war mit einem Freund zusammen am selben Tag zur Alpenüberquerung aufgebrochen. Wir verabreteten uns zum gemeinsamen Abendessen auf der Terrasse, wo wir noch einen weiteren sehr abenteuerlustigen Kletterer kennenlernten, und ließen den Abend entspannt bei einem Bier ausklingen.

Aufstieg zum Großen Krottenkopf

Für den Nachmittag des zweiten Tages war, wie wir schon am Vorabend erfahren hatten, ein Gewitter angesagt. Da wir sowieso früh starten wollten, rechneten wir also nicht, damit etwas zu tun zu bekommen. Nach einem schnellen Frühstück waren wir um kurz vor 8:00 Uhr unterwegs zum Gipfel des Großen Krottenkopfes. Planmäßig sollte der Aufstieg etwa dreieinhalb Stunden dauern und wir lagen gemessen an den Wegweisern gut in der Zeit. Nach dem bereits von gestern bekannten Teilstück wurde es auch hier felsiger. Zunächst ging es allerdings nochmals bergab vorbei an zwei malerischen Wasserfällen, dann folgte ein anspruchsvollerer, felsiger Aufstieg.

Das aufziehende Gewitter
Das aufziehende Gewitter – Foto: Maximilian Graf

“Ja mei, man kann schon weiter gehen. Dann muss man halt Glück haben…”

Schon nach kurzer Zeit konnten wir am Horizont hinter der nächsten Bergkette Gewitterwolken ausmachen, bei denen wir uns noch nicht sicher waren ob und wie schnell sie sich uns nähern würden. Da wir nur noch etwa eine Stunde vor uns hatten, schätzten wir die Chancen gut ein, vor dem Gewitter bereits wieder auf dem Rückweg zu sein. Doch dann zog es ziemlich schnell zu und die Donner kamen immer näher. Nur noch eine gute halbe Stunde vom Gipfel entfernt, schien es direkt über uns zu donnern und wir kamen ins Grübeln. Wir hatten beide noch keine Erfahrung mit Gewittern in den Bergen, doch ich wurde von erfahrenen Bergsteigern immer zu höchster Vorsicht gemahnt. Um uns zu vergewissern suchten wir das Gespräch mit ein zwei erfahreneren Bergsteigern. Sie erzählten uns, dass sie schon einige Gewitter in den Bergen erlebt hatten und dachten auf über das Umkehren nach. Ein sehr hilfreicher Hinweis von ihnen war: “Ja mei, man kann schon weiter gehen. Dann muss man halt etwas Glück haben…”

Hagelschauer
Der Höhepunkt des Gewitters: Ein Hagelschauer – Foto: Maximilian Graf

Dieses Glück wollten wir an diesem Tag nicht herausfordern und entschieden uns dazu umzukehren. Eine halbe Stunde später waren wir gerade das anstrengendste Stück wieder heruntergestiegen, als ein Hagelschauer einsetzte. Wir zogen schnell unsere Regenjacken über uns suchten unter einem Felsvorsprung Schutz. Nach nur 20 Minuten, war das Gewitter auch schon wieder vorbei und wir konnten den restlichen Tag die Sonne genießen.

Was nehme ich daraus mit?

Natürlich war es ärgerlich, so kurz vor dem Ziel umdrehen zu müssen. Aber allzu lange machte ich mir darüber keine Gedanken. Man muss einfach Erfahrung sammeln, um die Wetterlage richtig einschätzen zu können, was ich mir bei diesem Mal noch nicht anmaßen wollte. Ansonsten war es ein wirklich sehr gelungener Ausflug! Für alle, die nun Lust bekommen haben, kann ich diese Tour nur wärmstens weiterempfehlen. Man muss eine gewisse Kondition mitbringen, aber dann macht es wirklich Spaß!